Der Begriff ‚Casino‘ wird von Otto Normalverbraucher in erster Linie mit einem Spiel-Casino assoziiert, wo Wagemutige mit Jetons hantieren und wo eine eigenwillige kleine weiße Kugel beim Roulette über Gewinn oder Verlust ganzer Vermögen bestimmen kann. Wenn das Direktorium die heutige Trarbacher Vereinigung als ‚Casino für alle‘ im Bewusstsein der Bevölkerung neu positionieren will, dann war das nicht immer so. Lange Zeit galt die Gesellschaft als elitär in der Doppelstadt, zu der normale mittelständische Bürger es schwer zu haben schien, Zugang zu finden. Dabei hatten die Gründerväter bereits im ersten Absatz ihrer Statuten im Jahre 1810 festgelegt, dass ‚nur sittliche Bildung und nicht Rang noch Gut‘ Anspruch und Voraussetzung zur Aufnahme bilden sollten. Die Casino Gesellschaft zu Trarbach gehörte mit dem Gründungsjahr 1810 zu den ältesten Casinogesellschaften nach Frankfurt, Mannheim, Koblenz. Selbst die Gesellschaften in Trier, Saarburg und Wittlich wurden erst später gegründet Man sieht daraus, dass sich Trarbach als eine der ältesten bürgerlichen Zusammenschlüsse in achtbarer Gesellschaft befand.
Geschichtlicher Hintergrund Um die Bedeutung des Casinos für die gesellschaftliche Entwicklung unserer Kleinstadt Trarbach an der Mosel zu verstehen, muss man sich mit den damals herrschenden politischen und soziologischen Hintergründen in Mitteleuropa und den regionalen Verhältnissen vor Ort beschäftigen. Zu Beginn des letzten Quartals des 18. Jahrhunderts wurden vom Oberamt Trarbach noch 181 Orte an der Mosel, in der Eifel und bis weit in den Hunsrück administrativ verwaltet. Mit der Einrichtung französischer Verwaltungseinheiten von Départements, Arrondissements, Kantonen und Mairien verlor die Stadt Trarbach alle bis dato inne gehabten Privilegien und Zuständigkeiten. Mit ihren damals knapp 1000 Einwohnern behielt sie aber dennoch eine gewisse regionale Mittelpunktfunktion, da sie zusammen mit der Mairie Enkirch den Kanton Trarbach bildete.
Die Gründung In den Archiven gibt es einen Brief von Anfang Januar 1810, der eindeutig als Absichtserklärung zur Gründung der Gesellschaft zu verstehen ist. Dort dokumentieren 27 Honoratioren mit ihrer Unterschrift ’das Bedürfnis ... eine geschlossene Gesellschaft zu bilden ... ein eigenes Zimmer bloss zu ihrem eigenen Gebrauch (zu) mieten, von dem jeder Nichtteilnehmer ausgeschlossen wäre’. Dies geschah zunächst im ehemaligen Hotel Brauneberg. Schon eine Woche später – genau am 14. Januar 1810 – erfolgte dann die eigentliche Gründung mit der zweisprachigen Niederschrift eines Gesetzes mit 39 Artikeln (französicher Titel: ’Lois conventionelles de la Societé du Casino de Trarbach’). Denn es waren unter den 27 Unterzeichnern drei französische Amtsträger, nämlich der Stadtkommandant Fauvel, Commandant de la Place de Trarbach, sowie Louis Brichet, Commandant des Gendarmes und Nicolas Doinet, Percepteur des Contributions – zu gut Deutsch Steuereintreiber. Die Liste der deutschen Unterschriften ist eine Aufzählung von vielen heute noch existierenden Familiennamen und von damals hochachtbaren Kaufleuten und ehrenwerten Bürgern der Gesellschaft (alphabetisch: Böcking, Caspari, Franz, Huesgen, Korn, Langguth, Metzger, Molz, Pfeiffer, Pfender, Polch, Richter, Rumpel). Auch die angegebenen Berufe sind hoch interessant. Neben Weinkaufleuten finden sich Friedensrichter, Notar, Mediziner, Bürgermeister (Maire), Theologe, Kantor, Posthalter sowie einige französisch angeführte Berufe Garde à Cheval Forestier - berittener Förster, sowie je ein Receveur und ein Garde Cheval des Droits Réunis - d.h. ein Einnehmer und ein berittener Einnehmer indirekter Steuern.
Französischer Einfluss Die Beteiligung offizieller französischer Mandatsträger bei der Gründung einer auf die Gestaltung privater Freizeit hinzielenden Bürgervereinigung verdient einer etwas genaueren Betrachtung. Aus heutiger Sicht könnte man unterstellen, dass entweder die Gründerväter sich bei der Besatzungsmacht einschmeicheln oder deren rigide Auflagen oder Einschränkungen unterlaufen wollten. Diese Meinung übersieht den Tatbestand der eigentlichen Rechtmäßigkeit der französischen Okkupation der westlichen Rheinlande. Es blieb dem einfachen Bürger auch gar keine Wahl, als sich zu arrangieren. So ist aus dieser Haltung die Tatsache zu verstehen, dass bei der Gründung des Trarbacher Casinos Vertreter der damaligen Obrigkeit mit Pate standen.
Gesellschaft Casino zu Trarbach - 79. Stiftungs-Heft aus dem Jahre 1889
Satzung und Organisation Die wesentlichen Elemente sowie die Grundstruktur der Satzung blieben über viele Jahre unverändert. Dazu zählt nicht nur das Triumvirat des Direktoriums mit dem schriftführendem Direktor, dem Kassendirektor und dem Weindirektor Viel bedeutender waren vor allem die drei Säulen der deutlich unterschiedlich gewichteten Mitgliedschaft in Kartenmitglieder, außerordentliche und ordentliche Mitglieder. Man legte auf eine reale Bodenständigkeit. Die allein stimmberechtigten ordentlichen Mitglieder mussten ortsansässig sein und über Grund und Boden verfügen. Die Aufnahme neuer Mitglieder vollzog sich nach strengem Reglement durch eine Ballotage, das noch bis Mitte des 20. Jahrhunderts zelebriert wurde. Weitere Einzelheiten ersieht man aus der Festschrift.
Die Gesellschaft Casino zu Trarbach im zeitlichen Verlauf von 1810 - 1973
Die Gesellschaft blieb über viele Jahrzehnte trotz zahlreicher politischer Veränderungen (auch kriegerischer Ereignisse), wirtschaftlicher, gesellschaftlicher vor allem auch sozialpolitischer Entwicklungen und Wendungen der gesellschaftliche und kulturelle Mittelpunkt der Stadt - wahrscheinlich ein ruhender Pol einer scheinbar „guten alten Zeit“. Der festliche Saal (Bild),die Nebenräume mit der Terrasse zum Garten und der Mosel und die Kegelbahn waren die Rahmenbedingungen.
Der „Blutzoll“ des zweiten Weltkriegs traf auch die Gesellschaft und den Weinhandels. Die Söhne einer Reihe von Weinhändlern sind im Krieg gefallen, ihr Verlust war durch ihre Witwen und Waisen kaum zu kompensieren. Die strukturellen Veränderungen des Wirtschaftswunders in der Nachkriegszeit führten auch zu einer „Vollbeschäftigung“ in den gesellschaftlichen Bereichen. Das Interessenspektrum war breit gefächert, sprengte den relativ engen Rahmen einer einzigen „Institution“. Entsprechend war ein Mitgliederschwund auch des Casinos zu beobachten. Dennoch übernahm die Gesellschaft weiter viele kulturelle Aufgaben, auch mit Konzerten namhafter Künstler. Für die Stadt war das Casino sozusagen der Vorläufer der Volkshochschule.
Der Saal und die anderen Räumlichkeiten standen allen Gruppierungen für Veranstaltungen zur Verfügung, die Bälle des Ruderclubs hatten einen legendären Ruf, der Tennisclub, die Feuerwehr zu ihren Frühschoppen und viele Bürger zwecks Familienfeste nutzten die Räumlichkeiten und auch die damalige Gastronomie des Hauses.
Die jährliche Herren - Weinprobe jeweils am zweiten Samstag des Dezember (und als Teil des traditionellen Trarbacher Markts) ist weiterhin der vorweihnachtliche Abschluss eines Casinojahres, am 14. Januar eines neuen Jahres wird sodann der Gründung des Casinos gedacht. (bis vor einigen Jahren begann an diesem Wochenende auch die „Ballsaison“). Die Gesellschaft ist auch der Namensgeber für das „Casino-Salon-Orchester“ unter Leitung von Jürgen Kullmann (Verweis). Konzerte dieses Orchesters-unterstützt von einer Vokalgruppe-werden von der Gesellschaft auch in Nachbarorten verantwortlich organisiert. Der Zuspruch ist „enorm“. Nicht nur die „Trarbacher“ erinnern sich an diese Zeiten, auch an das 200-jährige Jubiläum 2010, das nochmals im alten Rahmen festlich begangen wurde. (Siehe hierzu die im Anhang beigefügte Festschrift. Leider finden auch gute Zeiten ihr Ende. Aus finanziellen Gründen und wegen entsprechender Bausubstanz musste die Immobilie veräußert werden. Das Gebäude steht, nicht nur die Gesellschaft hofft auf eine Renaissance.
Diese Gesellschaft besteht als gemeinnütziger Verein weiter. Sie suchte und fand neue Aufgaben, zu denen gehört auch die Weinhandelsausstellung in angemieteten Räumen. Zahlreichen Exponate zum Weinhandel und dessen Bezug zum Jugendstil an beiden Ufern der Mittelmosel bilden die Basis (Verweis). Die Detailarbeit ist noch nicht abgeschlossen.
Mit Vorträgen und Sonderausstellungen werden die kulturellen Bemühungen in der Stadt unterstützt, das Mittelmosel Museum, Ikonenausstellung, die „Zeitreise“ im ehemaligen Hotel Braunberg - in den ersten Jahren die Herberge der Casino Gesellschaft –, und das Buddamuseum liegen ganz in der Nähe.
Die Mitglieder der Gesellschaft hoffen auf eine positive Entwicklung durch die Übernahme neuer Aufgaben und Ziele. Sie erinnern sich gerne an das Mosellied, das aus dem sogenannten Sängerkrieg im vorletzten Jahrhundert als Sieger hervorging und am Ende nicht nur jeder offiziellen Veranstaltung gesungen wird.
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